Gesehen haben wir es wohl alle schon einmal, aber die wenigsten von uns werden bisher selbst mit einem Liegerad unterwegs gewesen sein. Warum ist das so? Wir beleuchten, was es mit diesem besonderen Fahrrad auf sich hat und welche Vorteile die Fahrt im Liegen bringt.

Was ist ein Liegerad?

Ein Liegerad ist ein Fahrrad, das sich in seinem Aufbau in einigen wesentlichen Details von einem klassischen Bike unterscheidet.

Es hat einen Schalen- oder Netzsitz statt eines Sattels. Dieser ist nach hinten geneigt. Das bringt dich als Fahrerin oder Fahrerin auf dem Liegerad automatisch in eine Liegeposition. Das Tretlager und die Pedale befinden sich nicht wie gewohnt mittig, sondern vorne am Rad.

Das Liegerad kann in der Regel auf deine Körpergröße angepasst werden. Das geht entweder über einen verstellbaren Sitz oder etwas aufwendiger über eine Änderung der Kettenlänge.

Wie viele Räder hat ein Liegerad?

Die meisten Liegeräder haben drei Räder, entweder zwei Räder vorne und eins hinten oder umgekehrt. Es gibt auch Varianten mit nur zwei Rädern. Diese Liegezweiräder nennen sich auch Einspurer.

Es gibt Liegeräder in ungefederten und gefederten Ausführungen. Auch überdachte Modelle sind auf dem Markt zu haben und bringen den Fahrer oder die Fahrerin trocken ans Ziel.

Wie viele Liegeräder sind in Deutschland unterwegs?

Verglichen mit klassischen, aufrechten Fahrrädern, von denen es in Deutschland schätzungsweise 50 Millionen gibt, fristen Liegeräder immer noch ein Nischendasein.

Schätzungen gehen davon aus, dass rund 30.000 Liegeräder im Fahrradland Deutschland unterwegs sind (Quelle: Wikipedia).

Durch die geringere Nachfrage und die dadurch kleinere Stückzahl bei der Produktion sind Liegeräder in der Regel recht teuer.

Dürfen Liegeräder an Wettkämpfen teilnehmen?

Mit ein Grund, wieso die über 100 Jahre alte Sonderform des Fahrrads es nie zu größerem Ruhm geschafft hat, dürfte sein, dass zu Wettbewerben bis heute nur Fahrräder mit Diamantrahmen zu Wettbewerben zugelassen sind.

So blieben die Entwicklung und der Fortschritt beim Liegerad für lange Zeit aus. Heutige Liegefahrräder müssen sich aber in Sachen Technik nicht vor ihren aufrechten Artgenossen verstecken.

Gibt es das Liegerad auch als E-Bike oder Pedelec?

Auch den Trend vom reinen Muskelantrieb hin zum Elektroantrieb hat das Liegerad mitgemacht. E-Bike-Fans können also ebenfalls ohne Probleme von der aufrechten in die liegende Position wechseln.

Neben herkömmlichen Liege-Pedelecs mit einer Trittunterstützung bis zu 25 km/h ist mittlerweile mindestens ein Modell eines S-Pedelec-Liegerads auf dem europäischen Markt erhältlich. Hier liegt die Trittunterstützung bei bis zu 45 km/h.

Allerdings ist solch ein S-Pedelec-Liegerad kein günstiger Spaß. Der Preis bei Neuanschaffung ist mitunter fünfstellig.

Welche Vorteile hat ein Liegerad?

Die Fahrt auf einem Liegerad ist vor allem eins: Sehr entspannt! Denn im Liegen belastest du verschiedene Körperregionen deutlich weniger als beim aufrechten Sitzen.

Deine Hände liegen locker auf dem Lenkrad, da du deinen liegenden Oberkörper mit ihnen nicht abstützen musst. Auch dein Nacken ist entspannt, da du einfach geradeaus schaust und nicht wie auf einem herkömmlichen Rad ständig nach oben.

Dein Rücken kann sich in liegender Position ebenfalls bestens ausruhen und die üblichen Probleme durch das Sitzen werden auf dem Liegefahrrad vermieden.

Außerdem hast du auf deinem Liegerad aus einem spannenden Sichtwinkel einen wunderbaren Panoramablick auf die Umgebung.

Geringerer Luftwiderstand und weniger Kraftanstrengung

Allein durch den niedrigen Aufbau des Liegerads und deine liegende Position mit lang gestreckten Beinen bietest du der Luft während der Fahrt einen deutlich niedrigeren Widerstand.

Dadurch, dass du dein Becken und dein Oberkörper während der Fahrt gegen die Rückenlehne stützen kannst, kannst du ungeheure Kraft auf die Tretkurbel bringen, ohne dass Oberkörper und Arme gegenarbeiten müssen.

So geht deine Muskelarbeit zu nahezu 100 % in die Vorwärtsbewegung. Und dass in einer bequemen und dadurch ermüdungsarmen Sitz- bzw. Liegeposition.

Das macht das Fahren zum einen insgesamt weniger kräftezehrend, zum anderen erreichst du auf dem Liegerad durch den geringen Luftwiderstand auf geraden Strecken und bergab deutlich höhere Geschwindigkeiten als beispielsweise auf einem Rennrad.

Welche medizinische Bedeutung hat ein Liegerad?

Deine Position auf dem Liegerad bedeutet für deine Wirbelsäule pure Entspannung. Das haben auch Mediziner nachgewiesen. Sie konnten feststellen, dass sich auf dem Liegerad im Optimalfall sogar Bandscheiben regenerieren können.

Dein Gesäß und der Schrittbereich werden ebenfalls entlastet. Schmerzhafte Druck- oder Scheuerstellen, wie du sie vielleicht von herkömmlichen Satteln kennst, bleiben aus. Und Nerven werden in diesem Bereich auf dem Liegerad ebenso wenig abgeklemmt wie Fingernerven durch zu langes Abstützen auf dem Lenkrad. Das beugt tauben und kribbelnden Fingern vor.

Wenn du als Mann unter Prostatabeschwerden leidest, die dir auf dem Rad Probleme machen, kann das Liegerad für dich ebenfalls eine gute Alternative zum aufrechten Diamantrahmen sein.

Was trainiert das Liegerad?

Die Fahrt auf dem Liegerad ist äußerst gelenkschonend. Gleichzeitig beanspruchst du im Liegen auf positive Weise vor allem die untere Körpermuskulatur.

Die Muskeln an Beinen, Hüfte und Bauch werden durch das Treten im Liegen besonders gut trainiert.

Gleichzeitig förderst du deine Ausdauer und hältst dabei durch die entspannte Liegeposition in der Regel länger durch als beim aufrechten Fahren.

Kann jeder mit einem Liegerad fahren?

Prinzipiell ist das Liegefahrrad für jeden Menschen geeignet. Anders als du vielleicht glaubst, ist das Fahren an sich nicht schwieriger als mit einem Diamantrahmenfahrrad.

Eine kurze Umgewöhnung ist sicher nötig, aber dann fährst du mit dem Liegerad genauso souverän wie mit einem herkömmlichen Fahrrad. Für bestimmte Menschen ist das Liegerad wie weiter oben angedeutet besonders geeignet.

Dazu gehören Menschen mit Rückenproblemen genauso wie solche, die die Fahrt auf einem normalen Rad als unbequem empfinden oder während und nach der Fahrt häufig unter Druckstellen oder Taubheitsgefühlen leiden.

Auch bei Schwindel oder Gleichgewichtsstörungen könnte das Liegerad in gewissen Fällen eine Alternative darstellen.

Gibt es auch Nachteile?

Der größte Nachteil eines Liegefahrrads ist wohl der hohe Anschaffungspreis. Wie weiter oben bereits erwähnt, ist das Liegerad immer noch ein Nischenprodukt. Die geringere Stückzahl macht die Produktion teurer und damit auch den Kaufpreis für den Endkunden.

Die einfachsten Modelle ohne Federung starten bei knapp über 1.000 Euro. Wer mehr Komfort möchte, ist schnell bei deutlichen höheren Beträgen.

Ein weiterer Minuspunkt ist der Wetterschutz. Regnet es, so ist auf dem Liegerad dein gesamter Körper dem Niederschlag ausgesetzt. Der Fahrtwind tut sein Übriges.

Es sei denn, du hast ein vollverkleidetes Modell, dass dich vor Regen schützt, oder spezielle Vorrichtungen wie etwa einen Frontschutz montiert.

Eingeschränkte Wendigkeit bei langsamer Fahrt

Als weiterer Nachteil ist die teils etwas herausfordernde Handhabung während der Fahrt unter anderem durch die Sitzposition und durch den niedrigeren Schwerpunkt zu nennen.

Du kannst durch die Unbeweglichkeit deines Oberkörpers das Rad schlechter durch Gewichtsverlagerung austarieren. Wenn du langsam unterwegs bist, ist ein Liegerad zudem oft etwas kippliger und weniger wendig.

Fast unmöglich ist es, mit einem Liegerad eine Bordsteinkante hochzufahren. Denn du kannst das Vorderrad oder die Vorderräder hierzu nicht wie gewohnt hochziehen.

Ist die Fahrt auf einem Liegerad sicher?

Was die Sichtbarkeit und damit auch Sicherheit von Liegerädern im Straßenverkehr angeht, gibt es unterschiedliche Ansichten. Die einen sagen, dass Liegeräder etwa hinter parkenden Fahrzeugen schneller übersehen werden und es so zu häufigeren Unfällen kommen kann.

Andere führen an, dass bei den meisten Unfällen mit Radfahrern der beteiligte Auto- oder LKW-Fahrer generell nicht auf den Radverkehr geachtet hat. Nach dieser Ansicht wäre es also egal, ob du auf einem Liegerad oder auf einem aufrechten Rad unterwegs bist.

Menschen, die viel auf Liegerädern unterwegs sind, berichten davon, dass ihr Gefährt viel Aufmerksamkeit erregt und dadurch überdurchschnittlich gut wahrgenommen wird.

Fahren bei Schnee und Eis

Ist der Untergrund herausfordernd, etwa weil er vereist ist oder Schnee liegt, ist die Sturzgefahr beim zweirädrigen Liegerad höher als beim Normalrad.

Denn du kannst deine Balance beim Wegrutschen über den Oberkörper schlechter wieder ausgleichen. Liegeräder mit drei Rädern sind dagegen auf allen Untergründen fast immer im Vorteil.

Zudem ist bei einem Sturz die Fallhöhe deutlich niedriger, sodass es durch den Sturz selten zu ernsthaften Verletzungen kommt.

Blendende Abendsonne und Scheinwerfer

Auf dem Liegerad wirst du durch deine zurückgelehnte Sitzposition von vorne oft stärker geblendet, vor allem bei tief stehender Abendsonne.

Auch die Scheinwerferkegel der Autos können dich mehr blenden als bei aufrechter Fahrposition.

Gleichzeitig nehmen dich Autofahrer bei Dunkelheit auf dem Liegefahrrad besser wahr, da du als Fahrer direkt auf Höhe ihres Lichtkegels sichtbar bist. Und nicht nur deine Beine, wie es bei Normalfahrrädern der Fall ist.

Kann ich Gepäck auf dem Liegerad mitnehmen?

Viele Liegeräder haben hinten einen Gepäckträger oder bieten die Möglichkeit, einen solchen zu montieren. Wenn du mit dem Liegerad verreisen und entsprechend mehr Gepäck mitnehmen möchtest, bietet sich ein sogenanntes Reiseliegerad an.

Hier kannst du meist mehrere große Packtaschen an speziellen Halterungen hinter und unter dem Sitz anbringen. Dadurch, dass der Schwerpunkt des Gepäcks auf Höhe der Radachsen liegt, hast du anders als bei Reiserädern keine oder kaum Einbußen beim Fahrverhalten.

Lenkertaschen, Lowrider oder Rucksäcke fallen beim Liegerad allerdings flach.

Was ist der Unterschied zwischen einem Liegerad und einem Heimtrainer?

Das Liegerad wird auch im Fitnessbereich als Alternative zu Heimtrainer und Ergometer immer beliebter. Denn hier bringt es die gleichen Vorteile wie das Liegerad auf der Straße.

Durch die angenehme Liegeposition wird die Oberkörpermuskulatur, besonders die des Rückens, entlastet und die Muskulatur des Unterkörpers gleichzeitig sehr gut und schonend trainiert.

Besonders Menschen mit Problemen mit der Wirbelsäule, der Nackenmuskulatur oder der Arme und Handgelenke profitieren von dieser Trainingsposition.

Auch Menschen mit Schwindel oder Gleichgewichtsproblemen können auf dem Liegerad als Fitnessgerät deutlich entspannter trainieren, da unter anderem die Angst vor einem Sturz wegfällt.

Das macht sowohl das Liegeradfahren draußen als auch im Fitnessstudio oder im Rahmen einer Reha zu einer außerordentlich schonenden Sportmöglichkeit für jeden und jede.

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